Geschrieben am . Veröffentlicht in Kunst und Kultur in Köln.

21.10.- 03.12.2014 "PURE POP ART III @ 30works"

Pure Pop Art III 900x1200Schöne Traditionen soll man bewahren; und so präsentiert die Galerie 30works
zum nunmehr dritten Mal ihre Gruppenausstellung PURE POP ART. Mit an Bord
sind dabei die wichtigsten und spannendsten Vertreter der neuen Pop Art-
Generation. So beweist das Line-up um John Breed, François Coorens, Jörg
Döring und Van Ray einmal mehr: Pop lebt! Und ist in seinem Facettenreichtum
ungebrochen visionär...

Trivial, massenkompatibel, oberflächlich. Das waren die Attribuierungen – und mithin
Schmähungen - derer sich die Pop Art seit ihrer Geburt Mitte der 1950er Jahre erwehren
musste. Tatsächlich beabsichtigten ihre Wegbereiter und Mitbegründer, darunter Richard
Hamilton, Richard Lindner, Andy Warhol, Jasper Johns und James Rosenquist, aber einen
bewussten ästhetischen wie mentalen Bruch mit dem Kanon, indem sie das vermeintlich
Intellektuelle und Hochkulturelle des abstrakten Expressionismus mit der Motivik und den
Parametern des realen Lebens konfrontierten. Und damit nicht nur ein künstlerisches,
sondern auch ein politisches Statement setzten.

Pop als soziale Projektionsfläche Alltagsgegenstände, Comic-Figuren, Konsumartikel und Versatzstücke aus
Werbekampagnen wurden zunächst isoliert, dann überdimensioniert, collagiert und in
neue Kontexte gesetzt; womit eine Einbindung realer Phänomene in die Kunst erfolgte,
die man nun unter Anwendung eigener abstrakter Techniken und Codices bearbeitete
und verfremdete. Eingängig und gefällig? Ja. Anspruchslos und unreflektiert? Mitnichten.
Pop Art war und ist bis heute Teil eines Diskurses, der der Gesellschaft, ihrer
Selbstwahrnehmung und –Darstellung sowie ihrem Wertesystem den Spiegel vorhält.
Was auf den ersten Blick oft humorvoll, spielerisch und schrill anmutet, ist bei genauerer
Betrachtung überraschend komplex, entlarvend, kritisch und bisweilen irritierend.
Wenngleich im euphemistischem Gewand. Womit bewiesen wäre, dass das
augenscheinlich Triviale, Oberflächliche über eine lange intellektuelle Zündschnur verfügt
– und nichts ist, wie es zunächst scheint.

Die Zukunft hat begonnen...

Dass Pop Art heute in der Hochkultur angekommen ist, beweisen nicht nur Relevanz und
Marktwert von Originalvertretern wie Andy Warhol und Tom Wesselmann sowie von Neo-
Pop Art Stars wie Jeff Koons und Takashi Murakami, sondern auch eine junge Generation
von Künstlern, die Pop Art um neue Visionen bereichern; und ihr Spannungsfeld damit
nachhaltig erweitern.

Gérard Margaritis zeigt in seiner Galerie 30works neben marktetablierten Pop Art-
Künstlern auch immer wieder herausragende Positionen vielversprechender
Neuentdeckungen.

Für die dritte Auflage seiner „Pure Pop Art"-Ausstellung konnte er John Breed, François
Coorens, Jörg Döring und Van Ray gewinnen, die das Genre in allen Facetten ausloten.

Die Künstler
So bedient sich der Niederländer John Breed kostbarer Materialien wie Silber und Gold,
um damit Schädel, Skelette und Fundobjekte auszukleiden, die somit dem Verfall und der
Vergänglichkeit entrissen zu werden scheinen. Geldscheine bläst er zum Überformat auf,
spiegelt sie und druckt sie in Multicolor-Varianten auf Seidengaze - was sie zu ironischen
Dekoobjekten degradiert und ihren Status als Wertzeichen und Treibmittel unserer Welt
ad absurdum führt. Schweineskeletten bindet er Krawatten um, lässt sie mit Silber
überziehen und an einem Trog aus Schokoladentalern fressen. Wobei ihre Namen nicht
zufällig Goldman Sachs, Lehman Brothers und Merrill Lynch lauten. Breed macht in
seinen Arbeiten auf die Exzesse des Kapitalismus aufmerksam, kämpft gegen
Niedergang, Verfall und Verlust und plädiert für einen Neuanfang. Brutalen
gesellschaftlichen Verhältnissen tritt er mit filigranen Techniken, luxuriösen Materialien
und einer fast poetischen Sprache entgegen – was die Wucht seiner Werke nur verstärkt.
Seine immense Bandbreite spiegelt Techniken europäischer Freskenmalerei und
russischer Ikonenmalerei wider, genauso wie chinesische Landschaftsmalerei und
japanische Kalligraphie, die er auf seinen Reisen und Studien rund um den Globus
erlernte. Angereichert um Elemente aus dem Grafitti-Genre ergibt sich so eine
Ausweitung der Pop Art zur Universalkunst.

John Breed lebt und arbeitet in Egmond, Niederlande und ist in renommierten Galerien
und Sammlungen in Europa und Asien vertreten.

François Coorens' Bilder wimmeln von Pop Art-spezifischen Referenzen und Codices,
definieren in ihrer Komplexität und scheinbar wahllosen Anordnung aber eine ganz
eigene Bildsprache. Das Überbordende, wild Angehäufte, ist dabei bewusst komponiert
und folgt den Regeln eines kontrollierten Chaos, dessen Elemente sich schlussendlich zu
einem harmonischen Ganzen zusammenfügen. Der Vielfalt der Motive, die von Comic-
Helden über Rock- und Punkmusiker bis hin zu erotischen Frauenfiguren reichen, rückt
Coorens mit einer regelrechten Materialschlacht zu Leibe; so kommen Acrylfarben,
Kreide, Marker und Airbrush zum Einsatz, flankiert von Schablonen-Techniken,
kaschiertem Papier, Glitter und Drip Painting-Elementen. Oder wie der Künstler selbst
sagen würde: „Der Einsatz von Acrylfarbe und anderen Materialien führt zu einem
dekonstruktiven Kunstwerk, welches auf einer Technik fußt, die die totale Kontrolle des
Künstlers über sein Werk zum Ausdruck bringt". Die Bändigung scheinbar chaotischer
Zustände wird somit zum Leitmotiv von Coorens, dessen neuere Arbeiten aufgrund ihres
höheren Weißanteils jedoch ein wenig ruhiger und weicher anmuten. Was bleibt, ist
gelebte Kunst: kraftvoll, energetisch, physisch und kathartisch.

François Coorens ist diplomierter Grafikdesigner und begann seine Künstlerlaufbahn 1999
mit der gefeierten „Goldomania"-Serie. Seitdem gehört er zu Belgiens bekanntesten Pop
Art-Vertretern. Neben der Malerei initiiert er auch Live-Performances, interkulturelle
Happenings und ist als Mode- und Accessoire-Designer tätig. Er lebt und arbeitet in
Brüssel.

Auch Jörg Döring gilt als Meister der Materialschlacht; seine großformatigen Arbeiten
sind ein komplexes Spiel aus Texturen und Techniken, deren Möglichkeiten er immer
weiter ausreizt und bis an die Grenzen zu treiben scheint. Mal nutzt er Ölfarben, die er
wahlweise pastös oder ätherisch verarbeitet, mal Acryl, mal Drucke, die er zu
aufsehenerregenden Collagen und Serigrafien verarbeitet. Fernab der reinen Motivik, die
sich aus Comicfiguren, Filmikonen und aus der Werbung entlehnten Typografien speist,
entwickeln Dörings Bilder schon allein dank ihrer organischen Komposition ein
regelrechtes Eigenleben. Anders gesagt: Der Düsseldorfer erhebt die Oberfläche zum
Protagonisten, Materialität wird bei ihm zur eigenständigen Erzählform. Seine
sprichwörtlich materielle Freigeistigkeit, verbunden mit seinem narrativen Talent, eine
sehr emotionale Bildsprache aufzubauen, machen Dörings Arbeiten zu einem Manifest
nonkonformistischer Haltung.

Jörg Döring lebt und arbeitet in Düsseldorf. Seine Arbeiten sind in Galerien auf der
ganzen Welt vertreten.

Eine sehr deutliche Position bezieht Van Ray in seinen Arbeiten: Der Wahlkölner, der
seine Laufbahn als Sprayer begann und heute zu den renommiertesten Street Art
Künstlern der Republik zählt, versieht Pop Art-spezifische Motive aus der Warenwelt mit
Stencils von leidvoll blickenden Kindern und Sprechblasen, deren Wortlaut nachhallt: Mal
leise ironisch, mal bewusst sardonisch wendet er bekannte Werbeslogans, Songtitel und
Sprichwörter an, die im Bildkontext als expliziter Aufschrei gegen soziale Missstände,
Konsumwahn und politische Versäumnisse zu deuten sind. Was umso eindringlicher
wirkt, da seine Motivik ästhetisch vollendet erscheint. So wird das offenkundig Schöne,
Gefällige hier in den Kontext hässlicher Fakten gestellt und damit bewusst gebrochen –
was den Betrachter niemals unbeteiligt zurücklässt. Mit ihrer klaren Formensprache und
der Reduktion auf das Wesentliche sind Van Rays Arbeiten geradezu sachlich. Und
mitunter hochphilosophisch, wie sein an der Welt zweifelnder Donald Duck eindrucksvoll
beweist.

Van Ray lebt und arbeitet in Köln. Sein Portfolio umfasst nahezu alle Techniken, vom
Airbrush, über Paste-ups, Stencils und Collagen, wobei Papier, Holz , Beton oder Metall
als Trägerflächen dienen.

PURE POP ART III @ 30works

Eröffnung: 18.10.2014, 20 Uhr
Ausstellung: 21.10.2014 bis 03.12.2014
Öffnungszeiten: Di - Fr 15-19 Uhr, Sa 11-17 Uhr

30works Galerie
Antwerpener Str. 42
50672 Köln
0221/5700250
www.30works.de